Luxemburg, den 17. Januar 2020. Im Dezember hat die Regierung sowohl das Klimaschutzgesetz als auch den nationalen Energie- und Klimaplan (PNEC) verabschiedet. Votum Klima begrüßt die Ambitionen der Regierung, zweifelt dennoch an, ob es demnächst zu effektiven und effizienten Maßnahmen kommen wird.
Die Regierung hat eine erste Fassung des Klimaschutzgesetzes sowie einen Überblick des nationalen Energie- und Klimaplans (PNEC) veröffentlicht. Es fehlt jedoch an grundlegenden Analysen und Studien, die empirisch aufzeigen, wie die Ziele bis 2030 erreicht werden sollen und welche Probleme beim Verfolgen hierhin auftauchen könnten. So konnten weder Pfadabhängigkeiten ausgemacht, noch spezifische Handlungsräume und Maßnahmen definiert werden. Votum Klima bedauert, dass es dem Klimaschutzgesetz ohne konkreten Zeitplan und ohne Festlegung ministerieller Zuständigkeiten an Substanz fehlt. Wir stellen weiterhin fest, dass es verpasst wurde das Klimaschutzgesetz mit dem PNEC zu verzahnen – derzeit mangelt es klar an gegenseitiger Bezugnahme, was beide Werkzeuge schwächt.
Ein wesentlicher Bestandteil eines effektiven Klimaschutzgesetzes besteht in der Bestimmung der Reduktionsziele der Treibhausgasemissionen, die in den Sektoren Landwirtschaft, Mobilität, Industrie und Dienstleistung, Wohnen sowie Abfall- und Wasserwirtschaft erreicht werden müssen. Es besteht allerdings noch keine verbindliche Verankerung dieser sektoriellen Ziele. Des weiteren wurde keine jährliche Berichterstattung festgelegt – ein klarer Mangel an Transparenz. Transparente und offene Demokratie erfordert klare Regeln, um einen umfassenden Informationsfluss zu gewährleisten und einen gesellschaftlichen Diskurs zu erlauben! Auch sind Sanktions- und Klagemöglichkeiten nicht verankert worden.
Zusätzlich ist kein Nachhaltigkeits- oder Klimacheck, der im Accord de Coalition und noch im geleakten Gesetzesentwurf zu finden war, im vorliegenden Gesetzesentwurf integriert. Votum Klima befürwortet hingegen die Schaffung dreier neuer Gremien im Gesetzesprojekt, bedauert aber, dass keine klaren Aufgabenstellungen formal verankert wurden. Angesichts der Erfahrungen mit bestehenden konsultativen Gremien ist festzustellen, dass Gremien ohne klare Kompetenzen kraftlose Strukturen sind. Votum Klima unterstützt ebenfalls die geplante Einführung einer CO2-Steuer, bemängelt allerdings das Fehlen einer klaren Definition von sozialen Kompensationsmaßnahmen. Der angedachte, zu niedrige CO2-Preis, sowie dessen jährliche Anhebung in den nächsten zwei Jahren sind viel zu niedrig und somit ineffektiv.
Die Gelegenheit den Energie- und Klimaplan zu konkretisieren ist bisher noch nicht ergriffen worden. Der Transport in Luxemburg ist verantwortlich für zwei Drittel der luxemburgischen Emissionen. Wenn Luxemburg seine Klimaziele also erreichen will, muss es den individuellen Autoverkehr drastisch reduzieren und aus dem Tanktourismus aussteigen; auch hier fehlt es an einer klaren Strategie. Ein weiteres grundsätzliches Element, das im Entwurf zum Klimagesetz und im PNEC fehlt, ist der Schutz und die Förderung der nationalen Ökosysteme, sowie der Biodiversität. Die Regierung muss anerkennen, dass die Klima- und Biodiversitätskrise zwei Seiten derselben Medaille sind. Votum Klima plädiert deshalb für eine CO2-neutrale, sozial gerechte und artenreiche Zukunft.
Es ist erschreckend, dass die Frage der notwendigen Transformation unseres Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells, die aus wissenschaftlicher und gesellschaftspolitischer Sicht die Essenz einer effektiven Klimaschutzstrategie sein müsste, de facto ausgeklammert wird. Bei einer prognostizierten Wachstumsrate von jährlich 3-4% des Bruttosozialproduktes scheint es unmöglich, die klimaschädlichen Emissionen um 55% zu reduzieren, jedenfalls fehlen hierzu verlässliche, überzeugende und verbindliche Maßnahmen!
Votum Klima fordert prioritär konkrete Nachbesserungen bei folgenden Punkten:
- ein Klimaschutzgesetz, das einen klaren rechtlichen Rahmen für die Umsetzung des Pariser Abkommens festlegt, klare Zuständigkeiten definiert, das Handeln aller Politikfelder an Klimaschutzzielen ausrichtet, Sanktionen und Klagemöglichkeiten verankert und Planungs- sowie Investitionssicherheit für alle garantiert;
- eine klare Definition und Beschreibung der prioritären Maßnahmen auf übergeordneter Ebene des PNECs, eine Auflistung des/r zuständigen Ministeriums/Ministerien, eine Schätzung der erforderlichen Finanzmittel, ein Überblick der zeitlichen Umsetzung sowie eine Abschätzung der zu erwartenden Effekte (CO2-Minderung u.a.);
- eine rechtliche Verankerung des geplanten Klimachecks;
- das Zuschreiben klarer Kompetenzen der Gremien um mehr Transparenz zu garantieren;
- festgelegte Sofortmaßnahmen im Falle einer Verfehlung der Ziele;
- eine holistische und ausführliche Förderungsstrategie für Biodiversität;
- der Austritt aus Investitionen in klimaschädliche und fossile Brennstoffe von staatlichen und parastaatlichen Investment-Fonds;
- damit „sustainable finance“ Investitionen in wirklich nachhaltiges Wirtschaften umleitet, braucht es zwingend die Einführung umfassender Berichtspflichten für jegliche Finanzprodukte, vor allem in Bezug auf deren Auswirkungen auf Klima und Biodiversität;
- die Reduktion der nationalen Emissionen an Stelle des Erwerbs von Emissionsrechten;
- bis spätestens 2030 den Ausstieg aus Agrokraftstoffen;
- die Definierung klarer und sozialer Kompensationsmaßnahmen in puncto CO2-Steuer, eine Preisplanung von mindestens 10 Jahren und die Einführung einer Kerosinsteuer;
- keine Aufschiebung der CO2-Steuer, auch wenn nicht Klimaschutz bedingte Preissteigerungen erfolgen.
Kontakt:
Carole Reckinger – Caritas Luxembourg – carole.reckinger@caritas.lu – Tel: 40 21 31 518 oder mobil: 691 582 297
Raymond Aendekerk – Greenpeace Luxembourg – raymond.aendekerk@greenpeace.org – Tel: 546252 55 oder mobil: 661 546252.