11.02.2015

Global Divestment Day

Votum Klima startet in Luxemburg die weltweite Mobilisierung

Divest: Keine Gelder für Kohle, Öl, Gas und Atomenergie !
Luxemburg, 11. Februar 2015. Anlässlich der heute früh stattfindenden Sitzung des Regierungsrates demonstrierten Klima-Aktivisten und -Aktivistinnen auf der Place Clairefontaine gegen öffentliche Investitionen in fossile Energien und die Atomenergie sowie für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Zu der Demonstration hatten die in der Plattform Votum Klima zusammengeschlossenen luxemburgischen Nichtregierungsorganisationen (1) aufgerufen. Die Regierungsmitglieder, unter ihnen Staatsminister Xavier Bettel und der für den Fonds de Compensation des Pensionsregimes (FDC) zuständige Ressortminister Romain Schneider, wurden mit schwarzen Riesenluftballons, Symbol für die „Kohlenstoffblase“, sowie einer Vielzahl von #Divest Lëtzebuerg-Plakaten empfangen. Unterstützung erhielt Votum Klima durch die luxemburgische Transition-Bewegung. Die heutige Aktion ist Teil einer weltweiten Kampagne: am 13. und 14. Februar finden in mehr als 380 Städten in 48 Ländern rund um den Globus „Divestment“-Aktionen statt, zu denen mehrere Tausend Aktivisten erwartet werden.

Votum Klima macht mit der Aktion darauf aufmerksam, dass der luxemburgische Pensionsfonds („Fonds de Compensation“) bedeutende Summen in Unternehmen investiert, die in den Sektoren fossile Energien und Atomenergie tätig sind (2). Votum Klima fordert die Regierung auf, kurzfristig keine weiteren Investitionen in Fossil- und Atomenergie vorzunehmen und mittelfristig ein Umschichten des Portfolios zu Gunsten der Erneuerbaren Energien in die Wege zu leiten. Die Organisationen appellieren an die Regierung, öffentliche Gelder nachhaltig zu investieren, z.B. in den lokalen Ausbau der erneuerbaren Energien.

„Einer Untersuchung des Geschäftsberichts von 2013 zufolge investiert der Fonds de Compensation über Aktien und Obligationen mehr als eine halbe Milliarde Euro alleine in die Erdölbranche. Dies entspricht rund 4,4% des Gesamtvolumens des FDCs. Hinzu kommen etwa 7 Millionen Euro, die in Unternehmen der französischen Nuklearindustrie investiert werden, sowie Investitionen in Konzerne der Kohlebranche“, so Marc Keup von Action Solidarité Tiers Monde. „Der FDC hält Beteiligungen an 75 der 100 größten Ölfirmen, darunter Shell, Gazprom und ExxonMobil. Mit seiner Investitionspolitik fördert der FDC Konzerne, die die Umwelt und das Klima zerstören sowie Menschenrechte missachten.“

Um die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, müssen 80 Prozent der fossilen Brennstoffreserven im Boden bleiben. Dennoch subventionieren die Industrienationen derzeit Öl-, Gas- und Kohleunternehmen jährlich mit 88 Milliarden Dollar (3). Dies ist fast doppelt so viel, wie für die Bereitstellung von kostengünstigen, erneuerbaren Energie für alle bis zum Jahr 2030 benötigt wird (4).

„Divestment bedeutet zum Beispiel, dass öffentliche Institutionen ihre Investitionspolitik für die ihnen anvertrauten Gelder überdenken, mit dem Ziel, sie nachhaltig anzulegen. Es ist höchste Zeit, dass öffentliche Investoren aus fossilen Energien und anderen Dinosaurier-Technologien de-investieren“, erläutert Martina Holbach von Greenpeace Luxemburg. „Zahlreiche Beispiele aus der ganzen Welt belegen, dass institutionelle Anleger wie Universitäten, Städte, Regionen, kirchliche Institutionen und Stiftungen ihrer Verantwortung für den Klimaschutz gerecht werden (5). Selbst Staaten beginnen, ihre Investitionen aus fossilen Industrien abzuziehen, wie das jüngste Beispiel des norwegischen Pensionsfonds beweist“ (6).

Dafür sprechen auch wirtschaftliche Gründe: 80 Prozent der erschließbaren Kohlenstoffreserven sind aufgrund des internationalen Klimaschutzes mit dem Risiko behaftet, dass sie zu wertlosen Vermögenswerten („stranded assets“) werden. Investitionen in fossile Brennstoffe sind deshalb mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden. Unternehmen, die im Bereich fossile Brennstoffe agieren, gelten derzeit als stark überbewertet, das Risiko einer „Kohlenstoffblase“ wird zunehmend von der Finanzwelt anerkannt. Öffentliche Einrichtungen verstoßen folglich durch Investitionen in hochriskante Kohlenstoff-Vermögenswerte gegen ihre Fürsorgepflicht.

Anstatt dazu beizutragen, durch Investitionen Kohle-, Öl- und Gaskonzerne den Klimawandel indirekt mit zu befeuern, sollten öffentliche Institutionen den Übergang zu einer nachhaltigen, gerechten und auf erneuerbaren Energien aufgebauten Wirtschaft unterstützen. Bereits in der Vergangenheit haben öffentliche Institutionen, um einen politischen Wandel zu unterstützen, Investitionen zurückgezogen, z.B. im Zusammenhang mit der Tabakindustrie und der Apartheidpolitik.

Was für öffentliche Institutionen gilt, gilt natürlich auch für private Anleger. Für Albert Kalmes, Mitgründer der Energiegenossenschaft Transition Minett EnerCoop gilt es insbesondere, eine Energiewende in Bürgerhänden hier und jetzt in die Realität umzusetzen.

„Jeder kann in unsere Genossenschaft eintreten und sich am Aufbau einer 100% grünen, bürgernahen und lokalen Energieversorgung beteiligen. Ein erstes Projekt gibt es bereits in Esch und weitere werden folgen.“

Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss in Luxemburg endlich zu einer Priorität werden. Obwohl beträchtliche Potentiale insbesondere im Bereich der Solarenergie und der Windenergie existieren, wurden im Jahr 2013 nur ca. 0,7% des luxemburgischen Primärenergieverbrauchs aus Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie erzeugt. Luxemburg bildet in Punkto erneuerbare Energien zusammen mit Japan und Korea das Schlusslicht der Länder, die in der Internationalen Energieagentur vertreten sind (7).

„Investitionen in die Produktion von erneuerbaren Energien sind nicht nur wichtig für den Klimaschutz, sie tragen außerdem dazu bei, Europa und damit unser Land unabhängiger von Energieimporten zu machen und fördern die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort“, erklärt Paul Polfer vom Mouvement Ecologique. „Es ist allerhöchste Zeit, dass die Regierung die erneuerbaren Energien auch hierzulande aus ihrem Nischendasein herausholt. Sie muss durch Investitionen und bessere gesetzliche Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass das Potential der erneuerbaren Energieproduktion ausgeschöpft wird.“