LUXEMBURG ZUKUNFTSFÄHIG MACHEN
Klimaschutz ist wohl eine der größten Herausforderung unserer Zeit.
Das Pariser Klimaschutzabkommen hat das Ziel klar definiert: bis spätestens Mitte dieses Jahrhunderts muss unsere Gesellschaft den Ausstieg aus der Verwendung fossiler Rohstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas geschafft haben.
Luxemburg gehört weiterhin zu den weltweiten Spitzenreitern beim Pro- Kopf-Ausstoß an klimaschädigenden Treibhausgasen und ist deutlich von dem entfernt, was aus Sicht des Klimaschutzes notwendig ist. Die Abhängigkeit des Landes von fossilen Brennstoffen stellt darüber hinaus ein ökonomisches und geopolitisches Risiko dar.
Trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren reichen die Klimaschutzbemühungen Luxemburgs nicht aus, um der Verantwortung des Landes und den Verpflichtungen des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden. Konsequentes Handeln ist dringend erforderlich und unumgänglich.
Um Luxemburg zukunftsfähig zu machen, brauchen wir eine Klimaschutz-Strategie mit konkreten Zielen und Maßnahmen für Haushalte, Gewerbe, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft.
Die Luxemburger Wirtschafts- und Finanzpolitik ist immer noch prioritär am Wirtschaftswachstum, jedoch nicht an der nachhaltigen Entwicklung und dem Klimaschutz orientiert. Eine Klimaschutz-Strategie wird nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn es auch gelingt, aus einer fundamentalen Wachstumsdebatte heraus neue nachhaltige Wege und Perspektiven für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu entwickeln.
Votum Klima appelliert an alle politischen Parteien und an die künftige Regierung Luxemburgs, sich konsequent den Herausforderungen des Klimaschutzes zu stellen. Unsere 15 Wahlforderungen zeigen die klima- und energiepolitischen Themenfelder auf, denen sich die künftige Regierung prioritär widmen muss. Je eher wir Klimaschutz als eine Chance für unsere Gesellschaft verstehen, umso leichter werden das Land und seine BewohnerInnen diese gewaltige Zukunftsaufgabe bewältigen können.
Luxemburg, im Mai 2018
Dokument : Wahlforderungen 2018 zur Klima- und Energiepolitik Luxemburgs
Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2009 stellte Votum Klima erstmals Forderungen in Bezug auf die luxemburgische Klima- und Energiepolitik an die politischen Parteien und die Regierung. Seither gab es eine Reihe von positiven Entwicklungen, wie zum Beispiel der Klimapakt mit den Gemeinden sowie die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen, des öffentlichen Transports und der sanften Mobilität. Positiv hervorzuheben ist außerdem das Klimaschutz-Engagement der luxemburgischen Regierung auf EU- resp. auf UN-Ebene.
Trotz dieser Fortschritte reichen die Klimaschutz-Bemühungen Luxemburgs nicht aus, um der Verantwortung des Landes sowie den aus dem Pariser Klimaschutzabkommen entstandenen Verpflichtungen gerecht zu werden.
Luxemburg liegt mit etwa 18 Tonnen klimaschädigender Treibhausgase pro EinwohnerIn immer noch erheblich über den Treibhausgasemissionen anderer Industrienationen und ist deutlich von dem entfernt, was aus Sicht des Klimaschutzes notwendig ist.
Das Pariser Klimaschutzabkommen hat das Ziel klar definiert: bis spätestens Mitte dieses Jahrhunderts müssen wir unsere Gesellschaft auf eine Kohlenstoff-freie Wirtschaftsweise umstellen. Damit wir dieses Ziel erreichen können, brauchen wir dringend eine Klimaschutz-Strategie für Luxemburg mit konkreten Zielen und Maßnahmen für Haushalte, Gewerbe, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft.
Eine solche Klimaschutz-Strategie wird allerdings nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn es auch gelingt, aus einer fundamentalen Wachstumsdebatte heraus neue Wege und Perspektiven für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu entwickeln.
Mit der Ratifizierung des Pariser Klimaschutzabkommens hat Luxemburg sich dazu verpflichtet, seinen Beitrag zu leisten, damit die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt wird. Der Auftrag an die künftige Regierung ist eindeutig: schon heute müssen die notwendigen Weichen in Wirtschaft und Gesellschaft gestellt werden, damit wir mittel- und langfristig die notwendigen Treibhausgas- Reduktionen erreichen können.
Votum Klima fordert, dass die neue Regierung bei der Ausarbeitung des dritten nationalen Klimaaktionsplans den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens Rechnung trägt.
Dem Vorbild anderer Staaten folgend soll Luxemburg innerhalb der ersten beiden Jahre der kommenden Legislaturperiode den Klimaschutz mittels eines Klimaschutzgesetzes verankern. Ein solches Gesetz muss sektorielle Reduktionsziele mit konkreten Schritten und Instrumenten für die wichtigsten Emissionsbereiche Transport, Industrie, Wohnen und Landwirtschaft festlegen.
Votum Klima begrüßt, dass sich die luxemburgische Regierung auf europäischer Ebene für die notwendige Erhöhung der EU- Klimaschutzziele einsetzt. Die europäischen Klimaschutz-Ziele müssen sich, ebenso wie die nationalen Treibhausgas-Reduktionsziele, an den wissenschaftlichen Erkenntnissen (1) orientieren.
(1) Votum Klima verweist diesbezüglich auf die regelmäßig erscheinenden Berichte des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).
Durch den Emissionshandel – einem Instrument, das mit dem Kyoto- Vertrag eingeführt wurde – sollten Treibhausgasreduktionen dort realisiert werden, wo die Kosten am geringsten sind. Dies führte zu einem Boom von Projekten in Entwicklungsländern und im ehemaligen Ostblock, mit oft zweifelhaften Treibhausgas- Einsparungen und negativen sozialen Folgen. Die westlichen Industrieländer kauften Emissionsrechte, um ihre Reduktionsziele billiger zu erreichen. Der Emissionshandel wurde zu einem Schlupfloch, um eigene Klimaschutzanstrengungen zu umgehen.
Der Artikel 6 des Pariser Klimaschutzabkommens erlaubt weiterhin den Emissionshandel zwischen Staaten weltweit und lässt offen, wie es mit den klassischen Emissionsrechten aus Entwicklungsländern nach 2020 weitergeht. Der Kauf von Emissionsrechten zum Erreichen unseres Klimaschutz-Beitrags des gemeinsamen EU-Ziels von 2030 wäre für unser Land volkswirtschaftlich kurzsichtig und würde es in seiner fossilen Nischenstruktur festnageln.
Votum Klima fordert daher, dass Luxemburg nach 2020 keine Emissionsrechte erwirbt. Eventuelle, bereits erworbene überschüssige Emissionsrechte dürfen nicht an andere weiterverkauft werden.
Ebenso dürfen überschüssige Emissionsrechte aus dem ETS-Sektor (Stromerzeugung, Raffinerien, Stahlerzeugung usw.) dem Non-ETS-Sektor (Transport, Landwirtschaft, Haushalte, tertiärer Sektor sowie Unternehmen, die nicht zum ETS-Sektor gehören) weder angerechnet werden noch dürfen sie von ihm erworben werden.
Um eine sektorenübergreifende Klimapolitik erfolgreich betreiben zu können, braucht Luxemburg eine geeignete Governance-Struktur – sowohl innerhalb der Regierung als auch für die Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen Akteuren. Kohärenz, Transparenz, die Einbindung aller Stakeholder sowie eine klare Zuteilung der Verantwortlichkeiten sind dabei wichtige Grundlagen.
Reformen auf der Ebene der ministeriellen Zuständigkeiten sind unerlässlich. Die bisherige Aufteilung der Energie- und Klimafragen auf das Wirtschafts-, das Nachhaltigkeits- und auf das Wohnungsbauministerium hat sich in der aktuellen Legislaturperiode als wenig effektiv erwiesen.
Votum Klima fordert, dass sämtliche Kompetenzen des Energie- und Klimabereichs in einem einzigen Ministerium gebündelt werden, da hier die für den Klimaschutz so wichtigen Themenfelder Transport und Landesplanung bereits angesiedelt sind. Durch eine Zusammenlegung der Kompetenzen in einem Ministerium könnte zudem gewährleistet werden, dass sowohl in der Landespolitik als auch in EU-Fragen eine kohärente Politik mit den nötigen Personalkapazitäten verfolgt wird.
In allen Ministerien und Verwaltungen müssen Kompetenzpools für klimarelevante Themenbereiche entstehen. Der Nachhaltigkeitscheck, den die aktuelle Regierung auf den Instanzenweg gebracht hat, kann ein Instrument sein, um die politischen Entscheidungen aller Ministerien mit den Anforderungen der Nachhaltigkeit im Allgemeinen – und mit denen des Klimaschutzes im Speziellen – in Einklang zu bringen.
Mit seinen Pro-Kopf-Emissionen an Treibhausgasen, die zu den höchsten weltweit zählen, hat Luxemburg eine überdurchschnittlich hohe Verantwortung, wenn es darum geht, die Menschen zu unterstützen, die vom Klimawandel betroffen sind.
Die Menschen der mittleren und unteren Einkommensschichten in den Entwicklungsländern sind die Hauptleidtragenden des Klimawandels. Die von ihm verursachten schleichenden und abrupten Katastrophen sind mittlerweile zu einem immer größer werdenden Hindernis für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Entwicklungsländern geworden, darunter auch in den Zielländern der luxemburgischen Kooperationspolitik.
Votum Klima fordert, dass Klimagerechtigkeit eine Priorität der nationalen Klimapolitik bleibt. Klimagerechtigkeit muss, ebenso wie die 17 Ziele der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung, durch konkrete und kohärente Aktionen in allen Politikfeldern umgesetzt werden.
Luxemburg muss seinen globalen Verpflichtungen und seinem gewaltigen Fußabdruck im neuem „Nationalen Plan zur Nachhaltigen Entwicklung“ (PNDD) Rechnung tragen.
Um negative Auswirkungen auf Umwelt- und Menschenrechte zu verhindern, müssen staatliche Beihilfen und Investitionen öffentlicher Fonds (zum Beispiel der Pensions- und der Zukunftsfonds) an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt werden.
Die neue Regierung muss transnationalen Unternehmen mit Sitz in Luxemburg eine verbindliche Sorgfaltspflicht auferlegen, damit Menschenrechtsverletzungen entlang der gesamten Produktionsketten der Konzerne verhindert werden.
Die Klimafinanzierung für Reduktions- und Anpassungsprojekte der NGOs und ihrer Partnerorganisationen im Süden muss weiterhin, zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit, fortgesetzt und ausgebaut werden.
Migrations- und Flüchtlingsbewegungen im 21. Jahrhundert werden aufgrund des Klimawandels zunehmen. Die Prognosen über die zukünftige Klimamigration bis 2050 schwanken zwischen 50 und 200 Millionen Menschen, wobei die Zahl von 200 Millionen am häufigsten genannt wird.
Die „Platform on Disaster Displacement“ der Vereinten Nationen sowie der „Internationale Warschau-Mechanismus“ müssen politisch und institutionell gestärkt werden. Ab 2019 müssen zudem Mittel für einen Fond für „Loss and Damage” vorgesehen werden.
Wälder müssen zuallererst als komplexe Ökosysteme und Lebensräume geschützt werden – und nicht primär als Karbon-Senken. Wälder können CO2, das durch die Verbrennung fossiler Kraftstoffe wie Öl, Gas und Kohle in die Atmosphäre importiert wurde, nicht „klimaneutral“ ausgleichen. Bäume können nur vorübergehend CO2 speichern, spätestens, wenn sie absterben, kehrt das CO2 größtenteils wieder in die Atmosphäre zurück.
Leider verstärkt das Pariser Abkommen den Ansatz der Emissionsrechte aus Wäldern und behandelt tropische und subtropische Wälder vorrangig als CO2-Senken anstatt als komplexe Ökosysteme.
Emissionsrechte aus sogenannten REDD- und REDD+-Projekten, die sich aus der vorübergehenden Speicherung von CO in Wäldern errechnen, werden von ihren Käufern benutzt, um die gleiche Menge CO2 „klimaneutral“ in die Atmosphäre auszustoßen – ein Nullsummenspiel.
Die Ratifizierung der ILO-Konvention 169 durch Luxemburg ist ein wichtiger Schritt zum Schutz der Wälder. Diese Konvention schützt verbindlich die Rechte der indigenen Völker und damit deren Recht auf eine intakte Umwelt. Die Wälder und ihre BewohnerInnen müssen in ihrer Gesamtheit geschützt werden, damit der Wald Teil der Lösung des Problems Klimawandel wird.
Votum Klima fordert die neue Regierung auf, sich für die Stärkung ganzheitlicher Konzepte einzusetzen, die dem Schutz der Wälder als Lebensraum für Waldtiere, Pflanzen und Menschen, als Kohlenstoff- und Wasserspeicher sowie als Erholungsgebiet dienen, wie zum Beispiel „REDD+ Indigena” oder „Der Lebende Wald” der Indigenen Amazoniens. Sie muss sich gegen den illegalen Holzhandel und für den Respekt des FSC-Labels einsetzen.
Um den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden, muss es zu einer drastischen Reduktion des Energieverbrauchs kommen. Nur so kann gewährleistet werden, dass der verbleibende Energieverbrauch zu 100% klimaneutral (oder CO2-frei) abgedeckt wird.
Auch wenn in den vergangenen Jahren Fortschritte in punkto Effizienzsteigerung, u.a. im Wohnungsbau und in der Industrie, erzielt wurden und der Gesamtenergiebedarf Luxemburgs trotz Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren leicht rückläufig war, liegt dennoch der Pro-Kopf- Energieverbrauch hierzulande immer noch deutlich über dem Durchschnitt moderner Industrienationen.
Votum Klima fordert die künftige Regierung auf, verstärkt Anstrengungen zu unternehmen, damit konsistente und dauerhafte Energieeinsparungen in allen Sektoren erzielt werden. Die Regierung muss weitere gezielte und sozial gerecht gestaltete Beratungs- und Förderprogramme für Energieeinsparungen für Haushalte, kleine und mittlere Betriebe, Industrie, Handel und Landwirtschaft auflegen.
Eine Fokussierung auf reine Effizienzgewinne wird allerdings nicht ausreichen, um den absoluten Energieverbrauch langfristig im notwendigen Umfang zu reduzieren, da Effizienzgewinne zum Teil neutralisiert werden („Rebound- Effekt“). Eine Infragestellung unseres Wirtschaftsmodells – und damit unseres Lebensstils – wird erforderlich sein. Konzepte wie Suffizienz oder 2000-Watt Gesellschaft müssen vertieft und in aller Transparenz diskutiert werden.
Die Ziele des Pariser Klimaschutz- Abkommens bedeuten, dass alle Staaten bis spätestens 2050 ihre Energieversorgung auf 100% erneuerbare Energien umstellen müssen. Luxemburg ist internationales Schlusslicht bei den erneuerbaren Energien: 2016 stammten lediglich 5,4% des nationalen Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien. Lokal produzierte erneuerbare Energie macht trotz einiger positiver Entwicklungen nur einen Anteil von etwa 3% aus.
Das Ziel von 11% bis 2020, zu dem Luxemburg sich auf EU-Ebene verpflichtet hat, wird nur durch den statistischen Transfer von Quoten aus anderen Ländern erreicht werden können – mit Geldern, die für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Luxemburg nicht zur Verfügung stehen.
Votum Klima fordert seitens der neuen Regierung eine Strategie mit dem klaren Ziel, die Energieversorgung Luxemburgs bis 2050 auf 100% erneuerbare Energien umzustellen. Die nationale Produktion von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien muss neben Energiesparen und Energieeffizienz Priorität der Energiepolitik werden.
Die weitestgehend Dezentralisierung der Energieproduktion und die Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien muss sozialverträglich gestaltet werden. Geeignete Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, damit Energiekooperativen, Unternehmen und BürgerInnen maßgeblich an der Energiewende Luxemburgs teilhaben können.
Der Ausbau des erneuerbaren Energiesektors ist neben seiner Bedeutung für den Klimaschutz wichtig für eine unabhängige Energieversorgung und die Schaffung zukunftsorientierter Arbeitsplätze.
Agrokraftstoffe leisten keinen Beitrag zur Lösung des Emissionsproblems im Transportsektor. Die Produktion von Agrokraftstoffen geht mit der Zerstörung der Artenvielfalt, schwerwiegenden Klima- und Umweltauswirkungen sowie gravierenden sozialen Folgen und Konflikten einher. Agrokraftstoffe verursachen, unter Berücksichtigung der Emissionen durch indirekte Landnutzungsänderungen, oft höhere Emissionen als konventionelle Treibstoffe.
Die Menge an Biomasse, die wir nachhaltig für unsere Energieversorgung einsetzen können, ist stark begrenzt, da sie in direkter Konkurrenz zu anderen Verwendungszwecken von Biomasse steht, unter anderem in der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion.
Votum Klima fordert, dass die künftige Regierung sich auf europäischer Ebene dafür einsetzt, dass der Einsatz von Agrokraftstoffen in der EU, allen voran jenen auf Basis von Palmöl, bis 2030 vollständig gestoppt wird.
Luxemburg muss vollständig auf Agrokraftstoffe verzichten, um seine Ziele bei den erneuerbaren Energien und beim Klimaschutz zu erreichen. Um die Emissionen im Transportsektor dauerhaft zu verringern, führt kein Weg daran vorbei, den Treibstoffexport zu beenden und die nachhaltige Mobilität konsequent auszubauen.
Die EU diskutiert derzeit darüber, den Anteil von Agrokraftstoffen auf Basis von Lebensmittel- oder Futtermittelrohstoffen auf 3,8% bis 2030 zu begrenzen. Dieser Vorschlag ist – auch mit Hinblick auf die Klimaschutzziele – völlig unzureichend.
Atomenergie stellt keine zukunftsfähige Lösung für das Klimaproblem dar. Derzeit deckt sie nur einen Bruchteil des weltweiten Energiebedarfs (2015: ca. 5%). Der Ausbau der Atomenergie ist nicht nur aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit des Rohstoffes Uran keine Option für unsere Energieversorgung. Atomenergie ist gefährlich für Mensch und Umwelt. Sie ist auch aus wirtschaftlicher Sicht keine Alternative zu den erneuerbaren Energien, da der Gestehungspreis von Atomstrom weit über dem der erneuerbaren Energien liegt.
Votum Klima fordert, dass die künftige Regierung sich weiterhin konsequent für den Ausstieg aus der Atomenergie einsetzt, dies sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Die Investitionen der staatlichen Fonds in Firmen der Nuklearindustrie müssen gestoppt und diese Gelder für den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien bereitgestellt werden.
Die Anti-Atompolitik des Landes muss sich auch in der Einkaufspolitik der Energieversorgungsunternehmen mit öffentlicher Beteiligung widerspiegeln. Der Anteil von 10,5% Atomstrom am nationalen Strom-Mix muss durch erneuerbare Energien ersetzt werden.
Des Weiteren müssen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, um die juristische und fachliche Begleitung in den grenzüberschreitenden Dossiers Cattenom und Tihange zu sichern. Finanzmittel sind außerdem erforderlich, damit Luxemburg sich verstärkt an internationalen Aktionen beteiligen kann, wie zum Beispiel an der Klage gegen die millionenschweren Finanzhilfen der britischen Regierung für das AKW Hinkley Point C an der Südwestküste Englands oder gegen Bestrebungen, den Euratom-Vertrag in Folge des Brexit neu zu verhandeln.
Landesplanung und Mobilitätskonzepte müssen in Einklang gebracht werden, um eine optimale Versorgung mit öffentlichen Transportmitteln und eine gute Erreichbarkeit von Fuß- und Radwegen zu ermöglichen.
Trotz Bemühungen seitens der Regierung zur Verbesserung der Mobilität, u.a. durch die Inbetriebnahme der hauptstädtischen Tram und der periphereren Bahnhöfe, wächst Luxemburgs Mobilitätsproblem ungebremst weiter. Auf den Straßen dominiert der Individualverkehr und wirklich attraktive Alternativen zum „Umsteigen“ fehlen allzu oft.
Votum Klima fordert die neue Regierung auf, den öffentlichen Transport durch eine Priorisierung im Staatshaushalt konsequent auszubauen und dies auf Kosten des Individualverkehrs. Der Individualverkehr muss durch ergänzende Maßnahmen (wie z.B. „Carpooling“ oder „Carsharing“) reduziert werden.
Gleichzeitig müssen grundlegende Fehlentwicklungen im Transportsektor bekämpft werden: Stichwort Tanktourismus und Treibstoffexport. Diese sind verantwortlich für über die Hälfte der nationalen Emissionen, sie führen zu Umwegen großer Fahrzeugströme und erhöhen die Attraktivität des motorisierten Individualverkehrs gegenüber dem öffentlichen Transport und der sanften Mobilität.
Die Regierung muss sich endlich der Herausforderung stellen und geeignete Maßnahmen ergreifen, damit der Treibstoffexport in den kommenden Jahren schrittweise und anhaltend beendet werden kann.
Votum Klima fordert, dass auch die Landwirtschaft in Luxemburg ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten muss. Dazu gehört nicht nur, dass der Anteil der Biolandwirtschaft auf mindestens 20% bis 2025 erhöht werden muss. Luxemburg muss auch eine bodengebundene Landwirtschaft mit einer größtmöglichen Lebensmittelautarkie anstreben.
Die luxemburgische Landwirtschaft war 2015 für 6,6% der nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Importierte Düngemittel, Pestizide und Futtermittel führen bei deren Herstellung und Transport zu weiteren Emissionen. Trotz erheblicher Treibhausgasemissionen wurde die Landwirtschaft bislang von gezielten Reduktionsmaßnahmen ausgenommen.
Eine nachhaltige und bodengebundene Landwirtschaft leistet einen aktiven Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen, u.a. durch die Verringerung von Rohstoffimporten sowie durch die Erhöhung der CO2-Speicherkapazität der Böden. Die Biolandwirtschaft ist im Allgemeinen ressourceneffizienter und klimaverträglicher als die konventionelle Landwirtschaft.
Die Energiegewinnung aus Lebensmittel- und Energiepflanzen muss weitestgehend eingeschränkt werden. Die Energiegewinnung aus Biogas ist nur dann sinnvoll, wenn sie durch Abfälle aus der Landwirtschaft und der Ernährungskette erfolgt.
Unsere Ernährungsgewohnheiten, die landwirtschaftliche Förderpolitik, die Rolle der Landwirtschaft als Arbeitgeber und auch die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Entwicklungsländer sind Teil der Diskussion um die Zukunft der luxemburgischen Landwirtschaft. Die Analysen und Forderungen der Plattform „Meng Landwirtschaft“ sollten als Grundlage einer solchen Diskussion dienen.
Steigende Energiekosten oder aufwändige Klimaschutzmaßnahmen können für Menschen, denen wenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, eine erhebliche Belastung darstellen. Im Mietbereich ist der energetische Standard der Wohnungen oft problematisch, was zu unnötigen Energieverbräuchen und Kosten führt. EigentümerInnen investieren zu selten in energetische Sanierungen ihrer Mietsgebäude und geben die Kosten der energetischen Sanierung an die MieterInnen weiter.
Votum Klima fordert die neue Regierung auf, Konzepte zur sozialverträglichen Förderung von Energiesparmaßnahmen zu entwickelten, um Energiearmut, besonders verbunden mit Kinderarmut, im Vorfeld zu bekämpfen. Bestehende Gesetze und Förderprogramme, wie das Mietgesetz, die Wärmeschutzverordnung, Abschreibungsmöglichkeiten usw. sind dahingehend zu überarbeiten.
Personen mit geringen finanziellen Ressourcen gelangen weniger in den Genuss von staatlichen Förderprogrammen, da sie nicht über die Möglichkeit einer Vorfinanzierung verfügen. Daher müssen entsprechende Förderprogramme Optionen enthalten, damit auch bei wenig oder keinem Eigenkapital energetische Verbesserungen durchgeführt werden können.
Diese Maßnahmen müssen
auf kommunaler Ebene flächendeckend mit kostenlosen Informationsangeboten für energiesparendes Nutzerverhalten begleitet werden.
Im sozialen Wohnungsbau müssen staatliche und kommunale Strukturen mit gutem Beispiel vorangehen.
Der Staat muss, zusätzlich zu den Strukturen im staatlichen
Besitz (z.B. jene des „Fonds du Logement“), die Gemeinden aktiv darin unterstützen, ihre Gebäude im sozialen Wohnungsbau energetisch zu sanieren.
Die Luxemburger Wirtschafts- und Finanzpolitik orientiert sich nicht prioritär an der nachhaltigen Entwicklung und am Klimaschutz. Wachstum ist nach wie vor das leitende Prinzip des wirtschaftlichen Handelns. Weder die Steuerreform noch der Rifkin-Prozess haben dazu geführt, dass für Klima- und Umweltschutz kontraproduktiv wirkende finanzielle Staatshilfen abgebaut oder ökologische Alternativen gefördert wurden.
Votum Klima fordert die künftige Regierung auf, eine nachhaltige Steuerreform in die Wege zu leiten, die die Verteuerung von CO2-Emissionen und Ressourcenverbrauch herbeiführt bei gleichzeitigen positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Ein wichtiger Teil dieser Neuausrichtung muss die Ergänzung der bisherigen Energiesteuern auf fossilen Brenn- und Treibstoffen um eine CO2-Komponente sein. Eine Finanztransaktionssteuer könnte den Ausfall von nicht nachhaltigen Steuerpraktiken ausgleichen.
Das Leitbild der Regierung muss die Förderung des Gemeinwohls sein. Es gilt, die regionale Wertschöpfung und den Wirtschaftsstandort Luxemburg im Bereich der nachhaltigen Entwicklung auszubauen. „Green Jobs“ können neue Arbeitsplätze schaffen. Umschulungsprogramme für ArbeitnehmerInnen, die in Branchen arbeiten, die unter Klima- und Umweltaspekten als nicht mehr zukunftsfähig gelten, müssen angeboten werden.
Um eine fundamentale Debatte, wie eine Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik von morgen aussehen kann, die nicht auf der Wachstumsprämisse basiert, führt kein Weg vorbei.
Damit Maßnahmen gegen den Klimawandel auf der ganzen Welt umgesetzt werden können, brauchen wir Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und für die Durchführung von Anpassungsmaßnahmen. Die im nächsten Jahrzehnt getroffenen weltweiten Infrastruktur-Investitionen werden darüber entscheiden, ob die Klimastabilität erreicht werden kann.
Votum Klima fordert, dass Luxemburg als globales Finanzzentrum und weltweit zweigrößter Standort für Investmentfonds Verantwortung übernimmt. Sowohl der Staat als auch die Fondsindustrie müssen sich der Klimaschutz-Herausforderung stellen, damit Investitionen in klimaschädigende Industrien gestoppt und die notwendigen Gelder für Klimaschutzmaßnahmen mobilisiert werden.
Mit LuxFlag, FCCF, GreenExchange und der EIB als Promoteur von GreenBonds hat Luxemburg es verstanden, sich ein grünes Image im Bereich Finanzen zu verschaffen. Leider ist „Sustainable Finance“ noch lange nicht das neue Normal, sondern bisher lediglich eine Ergänzung zur bestehenden Produktpalette. 94% Prozent der Investmentfonds in Luxemburg bleiben bislang von Klimaschutz-, Nachhaltigkeits- und Transparenzanforderungen unbehelligt.
Luxemburg muss sich, wie auch von der „High-Level Expert Group on Sustainable Finance“ gefordert, für eine europa- resp. weltweite Vereinheitlichung von Labels für Finanzprodukte mit hohen sozialen und ökologischen Standards einsetzen. Generell müssen für Finanzinstitute und ihre Produkte Transparenzregeln hinsichtlich der Klimarelevanz ihrer Investitionen eingeführt werden.
Zur Anreizsetzung ist denkbar, „grüne“ Finanzprodukte steuerlich zu entlasten, während „schwarze“ Finanzprodukte belastet werden.
Die staatlichen Fonds, allen voran der Pensionsfonds und der Zukunftsfonds, müssen eine nachhaltige und transparente Investitionspolitik betreiben. Investitionen in klimaschädigende Firmen müssen ebenso aus den Investment-Portfolios ausgeschlossen werden wie Investitionen in Atomenergiekonzerne sowie in Unternehmen, die Menschenrechte missachten. Ein zu schaffendes Konsultativorgan soll den Fonds zur Seite stehen, um die Investitionspolitik kontinuierlich weiterzuentwickeln und die Einhaltung der Nachhaltigkeit zu gewährleisten.
Luxemburg ist gegenüber den wirtschaftlichen Risiken, die mit den fossilen Energien einhergehen, mehrfach exponiert. Das Land ist vom Import fossiler Energien abhängig und der Staatshaushalt wird zu einem erheblichen Anteil vom Treibstoffverkauf gespeist. Der Finanzplatz Luxemburg, der etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts generiert, birgt ein zusätzliches erhebliches Risiko durch die Investitionen der Fondsgesellschaften in fossile Energien. Es besteht ein ureigenes Interesse, den Finanzplatz vor den Risiken „verlorener Vermögenswerte“ („stranded assets“) zu bewahren.
Formelle und informelle Bildung sind ein wichtiger Schlüssel für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Wenn jeder Mensch so viele Ressourcen verbrauchen würde wie die BürgerInnen in Luxemburg, so bräuchten wir acht Planeten. Jeder von uns konsumiert viereinhalbmal soviel Rohstoffe wie der durchschnittliche Weltbürger. Um einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen, muss auf allen Ebenen ein Umdenken unterstützt werden. Transformation braucht Bildung, um nachhaltig zu wirken.
Votum Klima fordert, dass die neue Regierung die Bildungskonzepte dementsprechend ausrichten und anpassen muss, um verantwortungs- volles Handeln zu unterstützen. Lehrpläne müssen auf ihre Nachhaltigkeitskohärenz untersucht und gegebenenfalls angepasst werden.
Formelle Bildungseinrichtungen können wichtige Multiplikatoren für einen zukunftsfähigen Gesellschaftswandel unterstützen. Es gilt, alle zu erreichen, Nachhaltigkeit fassbar und begreifbar zu machen, die grundlegenden Chancen, aber auch Notwendigkeiten aufzuzeigen und einfach Spaß am Mitwirken zu vermitteln.
Regenerative Lebensweisen müssen gelebt werden, um den notwendigen gesellschaftlichen Wandel herbei zu führen. Es geht um nichts Geringeres, als unsere Zukunft gemeinsam zu gestalten.